Verdun



Der Start in Thionville war gespenstisch. Über der Mosel und in den Seitentälern hing der Nebel klebrig an den Häusern und über der Straße, der Weg führt zwischen Güterbahnsträngen und verlassenen Industriehallen, nirgends ein Mensch zu sehen. Dann vorbei an den Stahlwerken von Arcelor-Mittal, der Duft von Metall in der Luft. Nach einer Stunde habe ich Stadt und Nebel hinter mir und schaue über weite Landschaft in der Morgensonne.
Gestern noch in Schengen, Symbol des "neuen" Europa, in  dem wir aufgewachsen sind. Heute Verdun. Die Schlachtfelder über der Maas stehen für das Europa unserer Großeltern. Meine beiden Großväter haben in diesem Krieg vor 100 Jahren gekämpft - so lange ist 100 Jahre also nicht her. Dieser Besuch macht wieder deutlich, wie wichtig es ist, unser Europa gegen den wieder aufstrebenden Nationalismus zu verteidigen.




Unweit der Gedänkstätte gibt es ein Restaurant, wo ich herrliches "Falsches Filet" gegessen habe. In Frankreich häufiger auf der Speisekarte, zubereitet wie ein Steak, kennt man diesen Ausdrck bei uns kaum.
Leider hat das Aufladen des Akku nicht geklappt, sodass ich nach 1,5 h mit 20-40 % Akku weiterfahren musste. Und nirgends ein Cafe, wo ich laden konnte. Schließlich habe ich in diesem Rathaus gefragt. Die Sekretärin zeigt mir eine Außensteckdose am Haus und bietet mir ein Wasser für die Wartezeit an. So sitze ich noch einmal 1,5 Stunden auf einer Bank vor dem Rathaus und habe Zeit zum Lesen. Derweil schätze ich die verbleibende Strecke für den Nachmittag ab und organisiere eine Übernachtung.
Google zeigt für die ländlichen Gebiete in Frankreich wenig unter dem Begriff "Auberge" oder "Hotel". Viele Betriebe kümmern sich offenbar einen Kehricht um Google. Denn hin und wieder sehe ich unterwegs kleinere Hotels.
Aber nennen sich die kleinen Pensionen "Chambre d'hotes" (Wo hat denn der Mac das Accent Circonflex?).
Die Strecke am Nachmittag ist angenehm flach, die Kilometer rollen einfach unter den Reifen dahin. Die Hügellandschaft ringsum fruchtbare Felder. Offenbar hat die Dürre hier nicht so zugeschlagen wie bei uns. Mein Wirt erzählt mir am Abend, dass der Lehm- und Kalkboden in dieser Gegend das Wasser besser hält und die Bauern daher weniger über zu viel oder zu wenig Wasser klagen.





Für die Streckenführung verzichte ich mittlerweile auf mein Teasi, denn in Frankreich sind die Straßen hervorragend beschildert. Jede noch so kleine Verbindungsstraße ist als Route Departemental gekennzeichnet und nummeriert. Die Nummer steht an jeder Kreuzung, und jede Departement-Straße führt irgendwohin. So kann ich ziemlich easy den keinen Straßen folgen. Die (ohnehin wenigen) Autofahrer nehmen meistens Rücksicht und überholen mit ausreichend Abstand.


Die letzten Kilometer bis zum Weiler Berzieux ziehen sich am Ende doch noch, der Hintern rebelliert. So bin ich sehr froh, schließlich am "Fantesstique - Chambre d'hotes et petit camping" anzukommen. Die Pension wird von einem holländischen Paar betrieben, die die Farm vor einem Jahr gekauft haben und seitdem renovieren. Einige Zimmer sind schon fertig, ausgesprochen schön eingerichtet. Der Wirt zeigt mir sein Haus, die Baustellen und seine Pläne für weitere Zimmer und Appartments. Ich esse zu Abend mit den Wirtsleuten im Garten, den Blick auf die Wiesen und Apfelbäume hinter dem Haus.

Statistik: 6:15 h, 130 km

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